Montag, 15. Dezember 2014

Morgenstimmung

Silberfäden stechen durch die
transparenten Glasquadrate,
die an blauen Schnüren hängend
andachtsvoll ihr Klingen singen.

Lupenreine Wassertröpfchen
rollen über Wellblechdächer
und stürzen sich an deren Ende
todesmutig bodenwärts.

Schlagen einzeln auf die Fäden,
als plätschernd reiner Harfenklang.
Einzeln auch als blaue Streicher
an der blauen Schnur entlang.

Sinfonien nasser Stille im
gebrochnen ersten Sonnenstrahl.

Und doch als ganzes auch nicht mehr,
als ein Windspiel am Laternenpfahl.

Donnerstag, 27. November 2014

Intervention

Wir hören euer Rufen, wir hören euch.
Wir sehen euer Leiden, wir sehen euch.
Wir riechen euer Elend, wir riechen euch.

Wir hören, sehen und riechen aus der Ferne
euer Sterben, im immer grösser werdenden
Verderben.
Und wie jedes Mal wenn wir es sehen,
euer Leiden, euer Flehen, wenden wir uns
furchtsam ab, denn

Wir hören euer Rufen, wir hören euch!
Wir sehen euer Leiden, wir sehen euch!
Wie riechen euer Elend, wir riechen euch!
Wir erkennen eure Lage, wir erkennen euch!

Doch wir warten lieber, schauen euch in aller Ruh zu,
wie ihr kämpf und scheitert und sterbt und
wartet.
Wird das warten monoton, folgt die Intervention.
Wir schicken Waffen, Uniformen,
Proviant und Notschlafzelte. Stacheldraht und Mauerdornen.
Eingreiftruppen! Fliegerbomben!
Bis die Welt am Ende schweigt.

Wir hörten euer Rufen, wir hörten euch.
Wir sahen euer Leiden, wir sahen euch.
Wir rochen euer Elend, wir rochen euch.
Wir verkannten eure Lage, wir verkannten euch.
Wir bekämpften eure Feinde, wir bekämpften

Euch.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Das Los des Passanten

Du lebst ein Leben zwischen Mauern
und schichtest selber Stein auf Stein,
entlang dem Grat zwischen eignem Bedauern
und frei gestaltetem Sein.

Mal hinkst du und stolperst,
du rempelst und stösst,
du räusperst und polterst
im Lärm aufgelöst.

Überhört und übersehen,
in tausenden Leben nur ein Statist.

Existent im Weltgeschehen,
als stummer Zeuge
unvermisst.

Sonntag, 13. April 2014

Erinnerung

Ein morscher alter Bootssteg
neben einem leeren Haus.
Dazwischen läuft ein Inselweg
zur uferlosen See hinaus.

Kühles tiefes schummerblau
umgibt den Flecken Land,
auf welchem einst die junge Frau
an jenem Bootssteg stand.

Der Wind strich immer durch ihr Haar
und wehte dann zum Schiff,
auf dem ihr Liebster trotz Gefahr
zurück fand durch das Riff.

Eines Tages fuhren sie dann
als Paar das Schiff hinaus
und legten seither nicht mehr an.
Es blieb ihr leeres Haus.

Freitag, 21. März 2014

Das schüchterne Gedicht

Muss ich mich reimen
um wortreich zu keimen?
Kann ich auch meinen
und reimen verneinen?

Wird dann wer weinen?
Wirds inhaltslos scheinen?
Oder kümmerts gar keinen?

Es ist mir egal.

Berührts auch nur einen
ganz eigen im kleinen
im innersten seinen,

dann kann ich gedeihen
und Freude verleihen.

Gedanken befreien.